29.04.2008

Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Oliver Flüshöh

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

das Haushaltsjahr 2008 ist mit der Besonderheit verbunden, dass wir erstmalig einen Haushalt aufstellen, der nicht mehr auf der Kameralistik beruht.

Das neue Kommunale Finanzmanagement, kurz NKF, hat das alte Rechnungssystem jetzt auch in Schwelm abgelöst.

Die Rechengrößen Einnahmen und Ausgaben als Zeichen der Kameralistik werden ersetzt durch die Darstellung des Gesamtressourcenaufkommens und -verbrauchs in der Gestalt von Aufwendungen und Erträgen, die Darstellung des kommunalen Vermögens und seiner Finanzierung mittels Eigenkapital oder Fremdkapital und die Formulierung und Hervorhebung von Zielen und Ergebnissen des Verwaltungshandelns.

Damit haben wird nicht mehr Geld zur Verfügung, aber mit dem neuen System ist die Hoffnung verbunden, für alle Beteiligten, insbesondere aber für die Bürgerinnen und Bürger ein größere Transparenz über die Kosten der kommunalen Leistungserbringung zu erhalten.

Im Zentrum der politischen Betrachtung wird künftig also nicht mehr die Vorgabe von Ansätzen einzelner Haushaltsstellen stehen, sondern in den Fokus wird immer stärker die Formulierung von Zielen und der dafür notwendige Ressourceneinsatz rücken.

Gleichzeitig ist der neue Rechnungsstil mehr als in der Vergangenheit Grundlage dafür, die heutigen Lasten nicht auf künftige Generationen zu verschieben, sondern nur diejenigen Ressourcen zu verbrauchen, die wir auch erwirtschaften.

Schaut man sich den vorliegenden Haushalt der Stadt Schwelm an, zeigt sich, dass dies noch nicht in dem gewünschten Masse umgesetzt ist.

Ich verweise insoweit nur auf die im Ergebnisplan ausgewiesenen Defizite, die deutlich machen, dass wir immer noch über unsere Verhältnisse leben. Dazu aber später mehr.

Der Umgang mit dem neuen Haushalt ist für uns alle, Verwaltung wie Politik, eine große Herausforderung, der wir - so glaube ich - nur mit zunehmender Zeit gerecht werden können.

An dieser Stelle möchte ich mich im Namen der CDU-Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit bedanken, die sicherlich in nicht unerheblichen Masse von der Umstellung geprägt war. Mein besonderer Dank gilt unserem Kämmerer und seinem Team, die die Hauptlast der Arbeit zu tragen hatten.

Es ist in den Städten und Gemeinden unseres Landes nicht selbstverständlich, dass die Politik in der Umstellungsphase so intensiv in den Prozess eingebunden wird, wie es in Schwelm von Beginn an praktiziert wurde. Dafür unser Dank.


Meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Kämmerer hat in seiner Haushaltsrede ausführlich das Zahlenwerk des Haushaltsplans 2008 dargestellt.

Ich möchte das an dieser Stelle nicht wiederholen; zumal die Haushaltsberatungen gezeigt haben, dass der vorgelegte Entwurf nur wenige Änderungswünsche aus den Fraktionen erfahren hat.

Um es vorweg zu nehmen:

Die CDU-Fraktion wird dem Haushalt 2008 deshalb zustimmen.

Ich fordere auch die anderen Fraktionen im Rat auf, Gleiches zu tun. Wir haben viele Maßnahmen geplant, die nur dann umgesetzt werden können, wenn die Verwaltung die Grundlage hat, die Ausgaben auch tätigen zu können. Diese Grundlage ist nun einmal die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan

Gleichwohl möchte ich auf einige Rahmenbedingungen hinweisen, die unser künftiges Handeln maßgeblich bestimmen werden.

Mehrfach wurde heute bereits auf die Schuldenlage der Stadt Schwelm eingegangen, die nach Umstellung auf das neue Rechensystem unter Einbeziehung der Kredite zur Liquiditätssicherung (vormals Kassenkredite) darzustellen ist.

Die Gesamtergebnisrechnung weist für das Haushaltsjahr 2008 unter Einbeziehung der 3. Änderungsliste einen geplanten Fehlbetrag von rund 7,68 Millionen Euro aus.

Dieser Fehlbetrag soll sich - auf das einzelne Haushaltsjahr bezogen - bis zum Ende der mittelfristigen Planung auf etwa 3,9 Millionen Euro reduzieren.

Zu diesem Zeitpunkt wird sich das Eigenkapital der Stadt Schwelm nach den derzeitigen Planzahlen mehr als halbiert haben.

Allein diese überblickartige Darstellung der Finanzlage unserer Stadt macht die Handlungsnotwendigkeiten deutlich.

Nun ist es allerdings nicht so, als hätten wir in den vergangenen Jahren nicht einen erheblichen Konsolidierungsbeitrag geleistet.

Im Gegenteil.

Das frustrierende in der Kommunalpolitik ist aber immer wieder, dass die Einflüsse auf die kommunalen Haushalte vielfach externer Natur sind und von den verantwortlichen vor Ort nur eingeschränkt beeinflusst werden können.

Als Beispiel sei hier unter anderem der Sparkurs der Landesregierung zu nennen, der zweifelsohne in seiner Zielrichtung richtig ist, der uns vor Ort aber nicht unmaßgeblich belastet. Insofern kann an dieser Stelle nur die strikte Einhaltung der Konnexität und Subsidiarität angemahnt werden.

Weitere erhebliche - nicht beeinflussbare - Einbussen mussten wir im Bereich der Gewerbesteuer hinnehmen. Nicht nur, dass der insgesamt zu verzeichnende Aufschwung nicht in dem Maße bei uns angekommen ist, wie das in anderen Städten festgestellt werden kann.

Mindereinnahmen durch außerordentliche Effekte in Unternehmen führen überdies zu einer Belastung dieser Ertragsposition und mitunter auch zu einer Reduzierung unserer Ausgleichsrücklage.

Auf der anderen Seite dürfen wir uns darüber freuen in diesem Jahr auch über zusätzliche Erträge verfügen zu können. Ich verweise hier nur auf die rund 1 Million Euro Abschlagszahlungen aus dem Feinabstimmungs-abschlagsgesetz als Ausgleich für überzahlte Einheitslasten.

Wir sollten mit der Verwendung dieser Mittel sehr sorgsam umgehen.

Und noch ein weiterer Punkt sollte nicht unerwähnt bleiben:

Als kreisangehörige Stadt haben wir einen nicht unerheblichen Beitrag zur Finanzierung der Kreisaufgaben über die Kreisumlage beizutragen. Soweit ich die Meldungen richtig gelesen habe ist die Umlagesatz für das Jahr 2008 auf 40,2 Punkte gesenkt worden.

Dies begrüßen wir ausdrücklich.
Hätten aber die Kämmerer der EN-Städte dem Kreis beim Thema Kreisumlage und Altschulden nicht gezielt auf die Finger geschaut, wäre die Entwicklung für die kreisangehörigen Städte sicherlich teurer geworden. Auch dafür unser Dank.

Nun kann man angesichts der skizzierten Haushaltslage in die Versuchung verfallen, den eingeschlagenen Weg der Konsolidierung aufzugeben und sagen: Es ändert ohnehin nichts, also weshalb sollen wir sparen?

Meine Damen und Herren,

dies ist nach unserer Auffassung der falsche Ansatz. Er hat in der Vergangenheit viel zu oft Platz gegriffen.

Das neue Rechnungssystem bietet uns vielmehr die Chance, die finanzielle Lage unserer Stadt noch einmal neu zu bestimmen und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, um künftige Generationen wieder die Handlungsfreiheiten zu verschaffen, die die kommunale Selbstverwaltung in ihrer Gänze beinhaltet.

Es darf dabei nicht um ein Sparen um jeden Preis gehen, sondern wir müssen uns auch der Aufgabe bewusst sein, eine kommunale Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt vorzuhalten. Gleichwohl sind die bestehenden Möglichkeiten zwangsläufig an den finanziellen Bedingungen auszurichten.

Wir werden über kurz oder lang nach meiner festen Überzeugung nicht umhinkommen, den Begriff der Daseinsvorsorge für uns neu zu definieren.

Zugleich - und das gehört ebenso dazu - muss auch eine Reform der Kommunalfinanzen durchgeführt werden, die die Städte und Gemeinden ihrerseits wieder in die Lage versetzt, ihre Aufgaben zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger dauerhaft und sachgerecht erfüllen zu können. Das Land muss darüber hinaus Rahmenbedingungen schaffen, die auch Kommunen mit angespannter Haushaltslage Freiräume für Investitionen schaffen, die auf den ersten Blick vielleicht nicht rentierlich sein mögen, auf lange Sicht aber zu Einsparungen führen werden.

Meine Damen und Herren

lassen Sie mich noch zwei, drei Punkte ansprechen, die im kommenden Haushaltsjahr nach meiner Einschätzung einen umfassenden Diskussionsbedarf einnehmen werden:

Der Kämmerer hat ein Haushaltssicherungskonzept vorgelegt, nach dem sich der Haushaltsausgleich im Jahr 2013 wieder hergestellt ist.

In diesem Konzept enthalten, sind konkrete Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung für 2008 und die Folgejahre, die zu Verbesserungen bis zu 353.450 € im Jahr 2013 führen.

Gleichzeitig sind der Rat und die Fachausschüsse aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen bis Mitte 2008 weitere Konsolidierungsmaßnahmen zu beschließen, die - begonnen im Jahr 2009 mit 150.000 € - ab dem Jahr 2012 zu Verbesserungen von insgesamt 750.000 € jährlich führen.

Meine Damen und Herren,

dies ist eine Aufgabe, bei der wir - so glaube ich - mehr als nur eine schmerzliche Entscheidungen zu treffen haben.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir an den Punkt gelangen werden, an dem wir über den Umfang von städtischen Leistungen - wie auch immer sie ausgestaltet sein mögen - nachdenken müssen.

Obgleich dieser Prozess für alle Beteiligte nicht leicht sein wird - insbesondere dann nicht, wenn man 2009 eine Kommunalwahl gewinnen möchte - fordere ich alle Fraktionen in diesem Rat auf, Ihrer Verpflichtung gegenüber der Stadt und ihren Bürgern nachzukommen, den Prozess aktiv mit zu gestalten und nicht durch eine Verweigerungstaktik zu behindern.

Aus Sicht der CDU-Fraktion werden wir - auch zur Umsetzung der soeben erläuterten Herausforderungen - drei Kernthemen zu diskutieren haben:

Hierzu zählt zunächst die Entwicklung der Schwelmer Schullandschaft.

Ich stelle dieses Thema ganz bewusst den beiden anderen voran, weil es aus unserer Sicht eine der größten Herausforderungen in den kommenden Jahren für die Politik in dieser Stadt sein wird.

Nach den Berechnungen der Bertelsmann Stiftung müssen wir in der Altersgruppe der 6 bis 18 Jährigen mit einen Rückgang von rund 22 Prozent gemessen an den Zahlen von 2003 rechnen. Noch erheblicher fällt der Rückgang mit etwa 25 Prozent bei den 30 - 49 Jährigen aus. Im Gegenzug lässt sich eine Zunahme der Altergruppe der über 80 Jährigen von knapp 70 Prozent verzeichnen.

Diese Entwicklung ist für uns nicht gänzlich neu. Ich glaube aber, dass wir sie uns immer wieder vor Augen führen und in unsere Entscheidung einfließen lassen sollten.

Mit Blick auf die Gestaltung der Schullandschaft ist dies bereits in einem ersten Schritt geschehen.

Wir haben mit den Beschlüssen über die Zusammenführung unserer Hauptschulen sowie zum Schulstandort Linderhausen erste Anpassungen an die demografische Entwicklung vorgenommen.

Damit verbunden ist dann auch der unter TOP 15 zu beschließende Antrag, Qualitätsstandards für die offene Ganztagsgrundschule zu entwickeln. Dieser Punkt und die damit einhergehenden Erörterungen über die Definition von Qualität, über die Festsetzung von Standards, über den Einfluss auf den Schulentwicklungsplan und die konkrete Umsetzung für den Haushalt wird einen nicht unwichtigen Teil der Beratungen in 2008 einnehmen. Die CDU-Fraktion wird sich an diesem Prozess konstruktiv beteiligen.

Den eben genannten Hinweis auf die Entwicklung von Qualitätsstandards für die offene Ganztagsgrundschule möchte ich zum Anlass nehmen, das Erfordernis anzusprechen, auch in den anderen Verwaltungsbereichen in einen Definitionsversuch möglicher Ziele einzusteigen. Hier wird insbesondere die Politik gefordert sein, ihre Vorstellungen zu artikulieren.

Zuständiges Gremium für diesen Prozess ist nach meinem Verständnis der AK Zielfindung. Die CDU-Fraktion ist grundsätzlich bereit auch weiterhin in dieser Zusammensetzung über die angesprochenen Themen zu sprechen.
Angesichts der unterschiedlichen Ansichten über die Rahmenbedingungen dieses Prozesses im Zusammenhang mit der Bäderfrage fordern wir zunächst aber noch einmal eine Ausarbeitung der Spielregeln, die dort gelten.

Das zweite Themenfeld, welches in diesem Jahr nach unserer Auffassung eine erhebliche Bedeutung zukommen wird und das mittelfristig auch zu einer Konsolidierung seinen Beitrag leisten kann, ist die bereits mehrfach angesprochene Modernisierung der Verwaltung.

Der Rat hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, in eine Organisationsuntersuchung des Gebäudemanagements einzusteigen. Die damit auf die Politik zukommende Diskussion muss nach unserer Auffassung in jeder Hinsicht offen und ohne Scheuklappen geführt werden.

Darüber hinaus sollten wir aber gemeinsam mit der Verwaltung über eine Organisation nachdenken - und dabei beziehe ich mich nicht allein auf die Führungsspitze - die den Anforderungen des neuen Rechnungssystem gerecht wird. Wir sollten deshalb mittelfristig Strukturen schaffen, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung die Möglichkeit einräumt, wesentlich selbständiger Entscheidungen zu treffen und die zugleich Verantwortungen klarer zuordnen.

Gleichzeitig kann und darf es nicht mehr die Aufgabe des Rates sein, jeden Zentimeter des Weges vorzugeben.

Wenn wir es wirklich erreichen möchten, effizientere und effektivere Formen zu schaffen, dann muss sich die Aufgabe der Politik auf die Vorgabe von Zielen und Kennzahlen sowie die Kontrolle Ihrer Erreichung beschränken.


Lassen Sie mich zum Abschluss noch einen dritten Punkt ansprechen Punkt, der nach Ansicht der CDU-Fraktion sehr spürbar zu einer Entlastung des Haushaltes führen wird.

In den letzten Tagen und Wochen ist deutlich geworden, dass wir in Schwelm viele Probleme nicht in der Schärfe hätten diskutieren müssen, wenn wir über mehr Gewerbesteuereinnahmen verfügen könnten.

Ich möchte an dieser Stelle keine Schuldzuweisungen vornehmen, weshalb die Situation so ist, wie sie ist.

Ich appelliere vielmehr an alle Fraktionen, aus den Diskussionen der letzten Tage zu lernen und die Neuansiedlung von Gewerbe in neuen Gebieten positiv zu begleiten.

Ich habe heute das Protokoll zum 4. Arbeitskreis "Zukunft Schwelm" zugesandt bekommen.

Nachdem, was ich den Ausführungen entnehmen konnte, ist die schnelle Schaffung des Bau- und Planungsrechtes für neue Gewerbeflächen - kommunal und interkommunal - eine der am höchsten priorisierten Maßnahmen.

Die CDU-Fraktion ist deshalb der Auffassung, dass die notwendigen Weichen für die Umsetzung rasch gestellt werden sollten.

Meine Damen und Herren,

es liegen in den nächsten Monaten viele Aufgaben vor uns.

Ich bitte alle Fraktionen - obgleich wir uns schon bald im Wahlkampf befinden werden - die angesprochenen Themen im Sinne der Stadt Schwelm konstruktiv und positiv zu begleiten.

Abschließend danke noch einmal dem Bürgermeister und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und der TBS für die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Es gilt das gesprochene Wort)

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